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Abschlussfahrt nach Weimar

Deutsch Leistungskurse der MSS 13 besuchen das UNESCO Welterbe Weimar

In mehrfacher Hinsicht war die Exkursion der beiden Deutsch Leistungskurse der Jahrgangsstufen 13 mit ihren Kursleitern Frau Oeckinghaus und Herr Hollstein nach Weimar ein angemessener Abschluss der Schulzeit. Zum einen gibt es kaum einen zweiten Ort in Deutschland, an dem die Geschichte von Literatur, Kunst und Musik so greifbar ist und gleichzeitig so krass kontrastiert wird mit der KZ Gedenkstätte in Buchenwald und damit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. Zum anderen bietet gerade das Jahr 2019 Anlass zur Erinnerung an den Beginn der Weimarer Republik und an die Anfänge des „Bauhauses“ im Jahre 1919. Daher bündeln sich hier vielfältige Inhalte des Unterrichts in verschiedenen Fächern auf engstem Raum. Nicht zuletzt passt der Besuch in Weimar zu dem Weg, den unsere Schule eingeschlagen hat, um UNESCO-Projektschule zu werden.

Kulturgeschichtlicher Stadtrundgang

Nach der Ankunft am Freitag bezogen die 29 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern ihr Quartier in der Jugendherberge am Poseckschen Garten, nicht weit von Goethes Wohnhaus und dem historischen Friedhof. Für die Stadtführung wurden wir an der Jugendherberge abgeholt und in zwei Gruppen eingeteilt. Die Führung begann mit einem Rundgang über den historischen Friedhof, wo unter anderem an den Grabstätten der Frau von Stein und der Familie Goethe interessante Erläuterungen vorgenommen wurden. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Bauhaus-Universität: In Weimar waren die Bauhaus-Gründer van de Velde und Gropius tätig, bevor sie nach Dessau weiterziehen mussten. Am Wohnhaus von Franz Liszt wurde auf das Wirken dieses musikalischen Genies und „Superstars“ des 19. Jahrhunderts eingegangen. Ein Gang durch den angrenzenden Park ermöglichte den Blick in das Ilmtal hinüber zu Goethes Gartenhaus. Über den Marktplatz mit dem historischen Rathaus und dem berühmten Hotel „Zum Elefanten“ ging es zum Denkmal von Goethe und Schiller vor dem Nationaltheater, wo  der Stadtrundgang endete.

Erlebbare Geschichte

Nach dem Abendessen in der Jugendherberge stand die „Nacht im Museum“ im Weimar Haus auf dem Programm. Dort wird man interaktiv durch verschiedene Räume geführt, die die Geschichte Weimars von der Urzeit an erlebbar machen. Dabei wird nicht an audiovisuellen Überraschungs-effekten gespart, so kann man Goethe lebensgroß mit individueller Mimik sprechen sehen und hören. Tragende Rollen werden in einzelnen Räumen Martin Luther und Napoleon zugewiesen. Die Zeit der Klassik mit dem Viergespann Wieland, Herder, Goethe und Schiller sowie der Herzogin Anna Amalia und ihrem Sohn Carl August stand natürlich auch hier im Mittelpunkt. Nicht weit vom Weimar Haus wurde im Nationaltheater Weimar die Woche der Demokratie eröffnet. Anlass dazu war das erste Zusammentreten der Nationalversammlung am 6.2.1919 nach den Wahlen von 1918.

Buchenwald: Ort unvorstellbarer Verbrechen

Mit dem Stadtbus ging es am Samstagmorgen auf den Ettersberg zur KZ Gedenkstätte Buchenwald.  Dort wurde zunächst ein Film über die Entstehung und Entwicklung des Lagers gezeigt. Von 1937 bis 1945 waren insgesamt mehr als 250 000 Menschen in Buchenwald inhaftiert, von denen 56 000 starben. Schon in dem Film wurde eindringlich deutlich gemacht, wie systematisch die Ausbeutung der Lagerinsassen  geplant und durchgeführt wurde und unter welch unmenschlichen Bedingungen Menschen leiden mussten. Die Witterungsverhältnisse mit Nebel und Schnee verstärkten die bedrückende Atmosphäre. Die kompetente Führung über das Gelände setzte Schwerpunkte auch dadurch, dass einzelne Methoden wie bei Menschenversuchen oder Erschießungen anschaulich erklärt wurden. Am Eingangstor zum Lager war im Gitter der zynische Schriftzug „Jedem das Seine“ angebracht. Das Beispiel von Ilse Koch, der „Hexe von Buchenwald“ genannten Gattin des Lagerkommandanten, die unter anderem Lampenschirme aus tätowierter Menschenhaut herstellen ließ, zeigt die unvorstellbare Grausamkeit auch einzelner Angehöriger der Wachmannschaften. Das Krematorium mit seinen Verbrennungsöfen hatte unter anderem auch Versuchscharakter für Vernichtungslager wie Auschwitz. Nach der Befreiung des Lagers zwangen die Amerikaner die Einwohner Weimars, sich das Lager anzusehen; niemand sollte sagen können, er habe nicht gewusst, was sich nur wenige Kilometer von der Klassikerstadt entfernt zugetragen habe. Mit der Befreiung 1945 war die Geschichte des Lagers allerdings noch nicht zu Ende: Nach dem Abzug der Amerikaner nutzte der sowjetische Geheimdienst Buchenwald noch weitere etwa fünf Jahre als Gefangenenlager. Der Besuch der Gedenkstätte hinterließ bei uns allen Spuren und machte uns sehr nachdenklich.

Schiller und die Fürstengruft

Am Nachmittag besuchte ein Teil der Gruppe die Ausstellung in Schillers Wohnhaus, der andere Teil besuchte die Fürstengruft auf dem historischen Friedhof. Im Schillerhaus richtete sich die Aufmerksamkeit vor allem auf das Arbeitszimmer, in dem neben seinem Schreibtisch auch ein Manuskript seines letzten, unvollendet gebliebenen Dramas „Demetrius“ zu sehen ist. Die Fürstengruft ist nicht nur die Grablege des Herzogsgeschlechts mit Carl August, hier finden sich auch die Särge von Goethe und Schiller; der Sarg von Schiller allerdings ist leer, da man seine sterblichen Überreste bis heute nicht finden bzw. identifizieren konnte. Angebaut an die Fürstengruft befindet sich eine russisch-orthodoxe Kapelle, die zu Ehren der Herzogin Maria Pawlowna errichtet wurde. Der Abend stand zur freien Verfügung, was angesichts der vielfach gewonnenen Eindrücke sicherlich notwendig war. 

Goethes Leben und Wirken

Nach dem Räumen der Zimmer und dem Unterstellen des Gepäcks wartete am Sonntagmorgen Goethes Wohnhaus mit dem angeschlossenen Nationalmuseum auf unseren Besuch. Im Wohnhaus war gut nachzuvollziehen, wie Goethe öffentliches Amt, schriftstellerische Tätigkeit und Privatleben unter einem Dach vereinte. Das Haus am Frauenplan, das er nach eigenen Vorstellungen umgestaltete und einrichtete, bewohnte er fast 50 Jahre lang. Die Ausstellungen im angrenzenden Nationalmuseum zeigten Gegenstände aus den unterschiedlichen Schaffensbereichen des Dichters sowie bekannte Porträts. 

Restaurierte Anna Amalia Bibliothek

Vor der Abreise blieben noch einige Stunden Zeit, um etwas zu essen und weitere Sehenswürdig-keiten zu besichtigen wie etwa die Stadtkirche mit dem Altar von Lucas Cranach und die Anna Amalia Bibliothek, was von Lehrern und Schülern individuell genutzt wurde. Bei der Besichtigung der Anna Amalia Bibliothek konnte man nicht nur den hellen und prächtigen Rokokosaal bestaunen, sondern sich auch über die mühevolle Restaurierung der beim Brand von 2004 beschädigten Bücher informieren. Der Ausfall unseres ICE von Frankfurt nach Kaiserslautern sorgte bei der Rückfahrt zwar kurzfristig für Unruhe, die alternative Verbindung verzögerte die Ankunft in Kaiserslautern mit der S-Bahn allerdings nur um rund 40 Minuten, so dass wir um neun Uhr abends wohlbehalten am Kaiserslauterer Hauptbahnhof eintrafen.