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„Und erkenne, dass nicht mehr viel davon übrig ist …“

Premiere von „Rot“ am BurgGymnasium

„Das Messer, das mich tötete …“

„Das Messer, das mich tötete, war alles andere als besonders“, sinniert der junge, ganz in schwarz gekleidete Mann und sein Blick schweift dabei ins Leere. Er wird heimgesucht von seinen Erinnerungen an eine Zeit, welche er nie mehr zurückdrehen kann.

„Rot“, die Eigenproduktion des BurgGymnasiums, die am Donnerstag, den 13.06.2019 Premiere feierte, beruht auf Motiven des Romans „Der Tag, an dem ich starb“ von Anthony McGowan. In der Tragödie unter der Regie von Simone und Frank Busch geht es um Jugendliche, die „den Repekt gegenüber Lehrpersonen nicht ganz so ernst genommen“ haben und sich deshalb auf einer Problemschule wiederfinden. Dort müssen sie ihren Weg zwischen Ausgrenzung und Anpassung, Träumen und Hoffnungslosigkeit, Kindheit und Erwachsenwerden bewältigen. Im Mittelpunkt der Handlung steht dabei der nun erwachsene Max (Paul Kehrer).

Denn es ist alles „unsere Geschichte“

Das Stück wird in mehreren Ebenen erzählt, in denen die unterschiedlichen Akteure jeweils als Kinder und junge Erwachsene agieren. Stück für Stück erhält das Publikum so nicht nur Einblicke in die Erinnerungen des Protagonisten Max (Leon Kehrer/ Paul Kehrer), sondern auch die der anderen Figuren wie Shirin (Elza Jashari/ Anna Pietzarek), Zoe (Sophie Krause/ Tessa Engelbrecht), Caro (Fenja Schmidt/ Larissa Korn), Kelly (Tara Brachfeld), Kief (Paul Sippel/ Anton Mittermüller) oder Lukas (Louis Riexinger/ Lorenz Bazak), welche alle Teil der tragischen Geschichte sind.

„Rot darf nur tragen, wer dazugehört“

Die grellroten Bausteine leuchten schon zu Beginn unheilsschwanger über die ganze Spielfläche verteilt, es erklingt „Gangstas Paradise“ von Coolio und man zieht sofort Parallelen zu der Problemschule aus dem Film „Dangerous Minds“ von John Smith. Die Bühne als Lebenswelt der Jugendlichen besticht durch dunkle Mauern, die eine beklemmende Atmosphäre erzeugen. Die grellen Graffitikünste als kontrastiver Ausdruck jugendlichen Freiheitsdenkens geben nur einen winzigen Hauch von Großstadtfeeling. Berlin ist das Ziel der jungen Erwachsenen, eine „coole Stadt mit coolen Leuten“, weit weg weg von dem Ort, der „bessere Menschen“ aus ihnen zu machen gedenkt. Nur „wer dazugehört“, darf hier die Farbe „Rot“ tragen. Alle anderen „Freaks“ in Latzhosen, Simpsons-Shirt, auf Heelys oder mit bunten Socken gehören nicht dazu. Der Alltag der Insassinnen und Insassen ist bestimmt durch Angst, Mobbing, Intrigen, unterdrückte Wut, aber auch durch Solidarität, die erste Liebe und den Glauben an sich selbst.

„Zeig, was du kannst“

Gut gemeint und doch vergeblich erscheint hier der pädagogische Ansatz des Lehrers Mahler (Gerhard Hollstein), die versteckten „Talente“ der Jugendlichen angemessen fördern zu wollen. Er entfacht zumindest kurzzeitig den Ehrgeiz seiner Zöglinge, mehr bewirkt er jedoch leider kaum, denn das versprochene Stipendium in Berlin wird zum Auslöser eines erbitterten Konkurrenzkampfes, in dem vor Intrigen nicht zurückgeschreckt wird. Am Ende können alle nur Verlierer sein.

Revival nach sieben Jahren

„Rot“ besticht in seinem Revival genau sieben Jahre nach der Erstaufführung am BurgGymnasium vor allem durch seine Aktualität. Wenn der junge Kief (Paul Sippel/ Anton Henkel) mit seinen unausgegorenen Möchtegern-Rapversen und „krassen Beats“ von einer Karriere à la Sido in Berlin träumt oder der weltverbessernde Lehrer (Gerhard Hollstein) vergeblich versucht, den Jugendlichen auf einer Ebene zu begegnen und dabei nur belächelt wird, fühlt man sich an die ein oder andere großstädtische Problemschule versetzt.

Authentische Darbietung

Das Stück wirkt vor allem durch die Darbietung der Schauspieler so authentisch. Man fühlt mit dem stotternden Lukas (überzeugend dargestellt von Louis Riexinger und Lorenz Bazak), trauert mit der unglücklich verliebten Rosa (ebenfalls glaubhaft verkörpert von Anouk Schmiederer und vor allem Luna Elgün) und fühlt sich in seine eigene Jugend zurückversetzt, wenn die kleine Kelly (leidenschaftlich dargestellt als einzige Doppelrolle von Tara Brachfeld) versucht endlich allen zu zeigen, dass auch sie als Erwachsene ernstgenommen werden möchte. Im zweiten Teil besticht vor allem die intrigante Shirin (herausragend Elza Jashari und vor allem Anna Pietzarek), die als Frau von Welt im sexy Business-Look mit einem gekonnt in Szene gesetzten Lippenstift-Lächeln nicht davor zurückschreckt, das Glück ihrer Mitschüler skrupellos zu zerstören. Dabei zeigen die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler des BurgGymnasiums ihr Talent nicht nur in Textsicherheit und Bühnenpräsenz, sondern auch in Gesangs- und Rapeinlagen. Einen Rahmen zur Erstaufführung spannt auch die Besetzung des Protagonisten Max (eindrucksvoll Paul Kehrer), welcher in der Erstaufführung 2012 noch den jungen Max verkörperte, der nun von seinem Bruder (Leon Kehrer) gespielt wird.

„Berührend“

Standing Ovations beim Premierenpublikum und tosender Applaus sind der verdiente Lohn für eine überragende Inszenierung, wie wir sie von dem erfolgreichen Regisseurs-Duo Simone und Frank Busch eigentlich gar nicht anders gewohnt sind. Entsprechend fallen die Publikumsmeinungen durchweg positiv aus: „Richtig gut“, „Toll“ und „Berührend“, „Von Klein und Groß glaubwürdig dargestellt“. Weitere Aufführungen finden am Montag, den 17.06. und Dienstag, den 18.06. statt. Die Schülerzeitung empfiehlt: Unbedingt anschauen!

Lea Brenk, Klasse 10a

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