Filmkritik: „Intrige“ von Roman Polanski
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Für den Anfang der neuen Dekade liefert uns die Filmindustrie mit „Intrige“ ein spannendes Historiendrama über die „Dreyfus-Affäre“.
Ihr möchtet euch detailliert über die Ereignisse der Dreyfus-Affäre informieren? Unter diesem Link findet ihr eine detaillierte Zusammenstellung der Ereignisse.
Der Film wurde für mehrere internationale Filmpreise nominiert und wurde für das beste Drehbuch, die beste Regie und die besten Kostüme ausgezeichnet. Regie führte Roman Polanski, der vor allem wegen seiner Filme „Tanz der Vampire“ von 1967 und „Der Pianist“ von 2002 bekannt ist. Alfred Dreyfus wird vom französischen Schauspieler Louis Garrel verkörpert. Doch der Protagonist in diesem Film ist nicht Alfred Dreyfus, sondern Marie-Georges Picquart. Diesen spielt der französische Schauspieler Jean Dujardin, der im 2013 erschienen „The Wolf of Wall Street“ mitwirkte. Man erlebt nämlich die Geschichte von der Verurteilung bis zur Begnadigung aus der Sicht von Picquart. Grégory Gadebois, ebenfalls Franzose, spielt den „Antagonisten“ Hubert-Joseph Henry. Und die aus Paris stammende Emmanuelle Seigner übernimmt die Rolle der nicht historischen belegten Pauline Monnier.
Die bereits erwähnte Auszeichnung für die besten Kostüme ist durchaus berechtigt, denn schon in den ersten Szenen merkt der Zuschauer, dass sehr viel Wert auf Authentizität und historische Genauigkeit gelegt wurde. Denn bei nahezu allen Charakteren sind die Kostüme erschreckend nahe an den historischen Persönlichkeiten. Besonders Jean Dujardin sieht dem „echten Picquart“ sehr ähnlich und Differenzen zur historischen Persönlichkeit sind nur schwer erkennbar. Auch bei historischen Nebenfiguren wie dem Schriftsachverständigen Alphonse Bertillon, der von Mathieu Amalric gespielt wird, wurde großer Wert auf Genauigkeit gelegt. Dies ist im Vergleich zu andern Historienfilmen bemerkenswert.
Auch positiv zu bemerken ist, dass der Film sich relativ nahe an die geschichtlichen Gegebenheiten hält, dabei aber den Zuschauer nicht langweilt. Als Zuschauer wird man schnell von der Handlung gepackt und fühlt mit dem armen Dreyfus mit. Denn die erste Szene zeigt die öffentliche Degradierung von Dreyfus. Doch schon kurz darauf verfolgt der Zuschauer die Handlung mit dem Protagonisten Picquart. Nachdem man sieht, wie er befördert wurde, sieht man, wie er seinen neuen Job beim Geheimdienst antritt. Dort wird Picquart von Henry durch die einzelnen Abteilungen geführt und lernt seine Untergebenen kennen. Da nicht nun nicht jeder die Ereignisse vor der Verurteilung von Dreyfus kennt, werden diese dem Zuschauer nun erläutert. Dazu werden Rückblenden verwendet. Meiner Meinung nach sind diese Rückblenden auf diese Weise sehr schön inszeniert und fügen sich hervorragend in den Film ein. Nach den Rückblenden stellt Picquart fest, dass Dreyfus unschuldig ist. Damit kommt der Film ins Rollen.
Die Zeit verläuft jetzt nur noch chronologisch und springt von Ereignis zu Ereignis.
Picquart ermittelt nun gegen Esterházy und versucht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Ermittlungen erinnern an die Mischung aus Sherlock Holms und Geheimagenten-Filme à la James Bond. Beispielsweise zeigt sich die darin, dass Picquart einen Ermittler im Musée du Louvre auf Esterházy ansetzt.
Außerdem gibt es eine Nebenhandlung in kurzen Szenen, die sich um eine Affäre zwischen dem Protagonisten und Pauline Monnier dreht. Diese Nebenhandlung bringt Abwechslung zur Haupthandlung. Jedoch ist die Affäre weder historisch belegt, noch hat sie Einfluss auf die Haupthandlung. Auf die Nebenhandlung hätte man also verzichten können, störend oder unpassend wirkt sie dennoch nicht.
Nun versucht Picquart, seinen Vorgesetzten die Wahrheit zu präsentieren, wird von diesen aber ausgebremst. Hierbei gelingt es dem Film, die Intrige des Militärs dem Zuschauer so nahe zu legen, dass dieser nun spätestens ab hier Partei für die „Dreyfusarden“ ergreift. Da er aber keine Ruhe gibt, wird er auf eine Inspektionsreise geschickt. Nach dem er zurückkehrt, erzählt er in einem nächtlichen Geheimtreffen mit Émile Zola, Mattieu Dreyfus und anderen „Dreyfusarden“ von seinen Nachforschungen.
Als nun der berühmte Artikel in der „L’Aurore“ erscheint, wird Picquart von der Polizei verhaftet. Der Gefangenentransport stoppt an einem Zeitungsstand für Picquart, sodass sich dieser eine Ausgabe der „L’Aurore“ kaufen kann. Persönlich halte ich es für etwas unrealistisch, dass man extra für einen Gefangenen anhält, damit sich dieser eine Zeitung kaufen kann. Aus diesem Grund empfinde ich diese Szene als fehlplatziert. Doch was darauf folgt, ist, meiner Meinung nach, sehr gut inszeniert. Picquart wird von seinen Wächtern aufgefordert, den Artikel von Zola vorzulesen. Nachdem man von Picquart die Einleitung hört, wechselt die Szenerie nun einige Male. Dabei werden nun immer die Personen gezeigt, welche Zola anprangert.
Der Film läuft ab jetzt auf sein Finale zu. Dabei wird der Hass in der Gesellschaft damit symbolisiert, dass ein wütender Mob einen Stapel von Ausgaben der brisanten Zeitungen verbrennt, ein jüdisches Geschäft mit antisemitischen Parolen beschmiert und danach dessen Scheiben einwirft. Ich finde, dass diese Szene etwas schlecht inszeniert ist und die Parallelen zum NS-Regime zu sehr gewollt scheinen.
Nun folgen einige Gerichtsszenen, die, wie ich finde, leichte Ähnlichkeiten zu dem 1992 erschienen Film „Eine Frage der Ehre“ (Originaltitel: „A Few Good Men“) aufweisen. Den letzten großen Höhepunkt bildet der finale Prozess, bei dem Dreyfus begnadigt wird. Davor trumpft der Film aber noch mit seinen „Actionszenen“ auf. Bei einer davon handelt es sich um das Duell zwischen Hubert-Joseph Henry und Marie-Georges Picquart. Die letzte Szene findet einige Jahre nach dem Prozess statt. In dieser treffen sich Picquart und Dreyfus, nach einem kurzen Dialog verabschieden sich die beiden und ein Untertitel verrät dem Publikum, dass es das letzte Treffen der beiden war. Damit endet der Film.
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